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Ausblick und Auftrag: Zwischen den Zeiten am Puls der Zeit

„Alles andere kann ich auch woanders machen! Ich bin hier in Reli evangelisch, weil ich anderen sagen können will, was wir Christen denn glauben. Sonst könnte ich echt auch in Ethik.“ 
(Schüler, 11. Jahrgangsstufe).

„Wir fühlen uns …. religiös verwahrlost.“ 
(Schülerinnen, 8. Jahrgangsstufe).

„Nehmen Sie’s nicht persönlich, aber wenn die Menschen, die so alt sind wie Sie, mal tot sind, wer weiß dann eigentlich noch was? Sie müssen uns das schon beibringen.“  
(Schülerin, 9. Jahrgangsstufe). 

Real und medial erleben sich die Schülerinnen und Schüler herausgefordert durch ein Erstarken der gesellschaftlichen Brisanz in Religion, Kultur und Fundamentalismus. Das verunsichert. Die Weltlage mit Kriegen, Klimawandel und ethisch weitreichenden Neuerungen verändert die Gegenwart und die Zukunft von Kindern und Jugendlichen.

Die natürliche Reaktion auf solche Verunsicherung ist, dass man von Erziehenden eine Vergewisserung, eine (Wieder-)Beheimatung erwartet: Wer bin ich, was glaube ich, wofür stehe ich – und was bedeutet das, was bei uns gesagt, erzählt und gelehrt wird?  

Diese existentiellen Fragen werden im Religionsunterricht in einer Intensität virulent, mit der ich persönlich nicht mehr gerechnet habe. 

Die Religionsgruppen erwarten Gehalt: breite biblische Grundlagen, geschichtliche und theologische Zusammenhänge; sie fordern die Lehrkraft als ein Gegenüber, das sich der Fülle ihrer Fragen stellen kann mit den Kenntnissen eines umfassenden Studiums, beruflicher Praxis und einer lebenslangen Erfahrung als Protestantin. 

Für Schülerinnen und Schüler scheint derzeit lebensbedeutsam zu sein, wieder neu kennenzulernen, was ihre konfessionelle Heimat, ihre religiösen Grundlagen sind. Und es tut ihnen gut, sich im Fachunterricht Religion auch einmal außerhalb des Klassenverbundes zu erleben und sich ihrer spezifischen Religiosität und Prägung als Gemeinschaft zu erfahren. 

Besonders bewegt haben mich Gespräche mit Familien, die aus religiösen Gründen nach Deutschland fliehen mussten. Ihnen liegt viel daran, dass nicht sie allein oder eine (frei)kirchliche Gemeinschaft dafür zuständig sind, den Kindern Kenntnis über die christliche Religion zu geben. Sie drücken, ganz im Geist der Verfassung, dringenden, ja existentiellen Bedarf aus, dass der Religionsunterricht ihre Kinder mit dem Ernst, der Sachlichkeit und Relevanz eines ordentlichen staatlichen Schulfachs begleitet und bildet. 

Religion ist eben nicht nur Privatsache, sondern von gesellschaftlicher Relevanz, vor allem, wenn der Religion die theologische und demokratische, eben die schulische Bildung fehlt. War das nicht der Grund unserer „res mixta“? Ist sie durch solche Bedürfnisse nicht wieder hoch aktuell?

Die neue Kirchenmitgliedschaftsstudie bestärkt:
Wenn, dann geschieht christliche Bildung im Religionsunterricht; wenn, dann ist hier der Zugang der Schülerinnen und Schüler zu Religion (und Kirchlichem) – verlässlich, biographiebegleitend und auf dem erprobten Niveau staatlichen Bildungsstandards. 

Für die Kirchen ist der Religionsunterricht allein schon um ihrer selbst willen unaufgebbar, für die Schulen zwar organisatorisch herausfordernd, aber dafür auch für die Herausforderungen der Zeit ein bereits bewährter Ort. Und die Schülerinnen und Schülern entdecken gerade neu seinen Wert!

Es gibt viele gute Gründe für den Religionsunterricht – und motivierte, gut ausgebildete und überzeugende Lehrkräfte stehen gerne dafür ein. Wenn Sie von uns diesbezüglich Material möchten, melden Sie sich gerne bei uns. Und auch sonst sind wir gerne zu Austausch bereit.

Vielen Dank für alles förderliche Miteinander in Sachen schulische Bildung und Religionsunterricht! Von Herzen ein frohes, erfüllendes Christfest und ein gesegnetes, friedvolles neues Jahr 2024!

Pfarrerin Katharina Kemnitzer, 
Landesvorsitzende des Gesamtverbandes für Evangelische